Fortbildung "Leichenschau"


Die Mordserie eines Krankenpflegers, dem es gelang, in 6 Jahren mehr als 100 Patienten unbemerkt zu töten, hat die Insuffizienz unseres Leichenschausystems in aller Dramatik offengelegt. Warum ist das so? Fehlt es an Ideen? Nein – Lösungen sind bereits beschlossen, sie werden nur nicht umgesetzt. Nachfolgend ein paar ausgewählte Daten zu den Bemühungen, die Mängel im deutschen Leichenschauwesen abzustellen

Ausgangspunkt war die Feststellung der Generalstaatsanwälte im Jahre 1983, dass das gegenwärtige Leichenschausystem nicht geeignet ist, nichtnatürliche Todesfälle mit der notwendigen Sicherheit zu erkennen. Verbunden war diese Feststellung mit einer Forderung an die Gesundheitsministerkonferenz (GMK), den Missstand durch geeignete Maßnahmen abzustellen:

  1. 2007 setzt die Justizministerkonferenz (JuMiKo) eine Projektgruppe „Verbesserung der Qualität der äußeren Leichenschau“ ein, die 2009 ihren Bericht vorlegt. Die JuMiKo bat die GMK, die Vorschläge der Projektgruppe umzusetzen. Eine der Hauptforderungen der Projektgruppe war, die Befugnis zur Durchführung der äußeren LS an den Erwerb einer Qualifikation und anschließende regelmäßige Fortbildungen zu binden.
  2. Im selben Jahr forderte auch die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) eine verpflichtende Fortbildung zur Leichenschau für alle Ärzte – z.B. auch auf elektronischem Wege.
  3. Im Januar 2011 unterstützt die Bundesärztekammer (BÄK) die Reformvorschläge der Projektgruppe der JuMiKo in Bezug auf die Fort- und Weiterbildung zu Leichenschauärzten, in dem sie folgende Regelung vorschlägt: „Zur Vornahme der Todesfeststellung bleibt jeder approbierte Arzt gesetzlich verpflichtet. Die nachfolgende LS soll durch einen speziell qualifizierten Arzt erfolgen.
  4. Im Ergebnis der Initiative der JuMiKo setzte die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) eine Arbeitsgruppe der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) ein, die ihre Arbeitsergebnisse 2011 vorstellte. Ein wesentliches Arbeitsergebnis war:
    • a. Die AG hält es für wünschenswert, dass die äußere LS durch einen speziell im Rahmen einer Zusatzqualifikation fort- und weitergebildeten Arzt durchgeführt wird.
    • b. Sie geht davon aus, dass die Ärztekammern Fortbildungsangebote für die LS im erforderlichen Umfang anbieten.
    • c. Die Ärzte haben ihre Qualifikation zur Leichenschau durch einen entsprechenden Fortbildungsnachweis zu belegen. Die Ärztekammern sollen dies kontrollieren.
    • d. Die Forderung nach einer regelmäßigen Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen wird von der AG befürwortet.
  5. Am 30.06.2011 nimmt die GMK den Bericht der AG zur Kenntnis und empfiehlt den Ländern, den Landesärztekammern sowie den Krankenhäusern und Kassenärztlichen Vereinigungen die betreffenden Prüfergebnisse umzusetzen
  6. 2014 bemängelt die 85. JuMiKo die nicht ausreichende Umsetzung der Empfehlungen der Projektgruppe und bittet die GMK auf eine Intensivierung der Umsetzung der AOLG hinzuwirken.
  7. Letztmalig wurde im Abschlussbericht des in Folge der Krankenhausmorde in Delmenhorst und Oldenburg vom Landtag eingesetzten Sonderausschusses für Patientensicherheit 2016 die von der Projektgruppe der JuMiKo geforderte Professionalisierung der Leichenschau unterstrichen und dazu entweder eine spezifische Fortbildungspflicht „Leichenschau“ für alle Ärzte zu etablieren oder aber nur noch speziell qualifizierte Leichenschauärzte einzusetzen.

Warum werden diese Beschlüsse nicht umgesetzt? Hauptursache dürfte sein, dass die Landesärztekammern mit der Fortbildung von bis 100.000 Ärzten zu qualifizierten Leichenschauern einschließlich der dazugehörigen Prüfungen, Nachprüfungen und Dokumentationen logistisch hoffnungslos überfordert sind. Die Folgen sind ein mehrjähriger Reformstau und ein immer weiteres Zurückbleiben unseres Leichenschausystems hinter den Erfordernissen der Zeit.

Wir haben Abhilfe geschafft. Auf unsere Initiative hin wurde ein Internet-Fernstudium „qualifizierte Leichenschau“ mit Prüfung und Zertifikat ins Leben gerufen. Jeder Arzt, der es möchte, kann sich jetzt zum Leichenschauer spezialisieren und erhält dafür einen Nachweis.

Die Tür zur Professionalisierung unseres Leichenschausystems und damit zur Umsetzung der GMK-Beschlüsse ist aufgestoßen.

Schwerin, im Januar 2021

Joachim Knipp
Präsident
Interdisziplinäres Fachforum
Rechtsmedizin e.V.

E-Learningkurs zur Fortbildung "Leichenschau"


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